Freie Rhythmen

metrisch ungebundene, reimlose Verse. Die Betonungszahl und die Senkungsfüllung sind frei, es gibt aber einen deutlichen Anklang an die vier Versfüße.

Eingeführt wurden die freien Rhythmen von Friedrich Gottlieb Klopstock. Wegen ihrer Ungebundenheit wurden sie schließlich zu dem Lyrik-Versmaß des Sturm und Drang. In der Lyrik der Gegenwart finden sich meistens freie Rhythmen.

Erläuterung des Beispiels - graphische Wiedergabe des Versmaßes

Literaturbeispiel

Johann Wolfgang von Goethe
Ganymed (1774)

Wie im Morgenrot
Du rings mich anglühst,
Frühling, Geliebter!
Mit tausendfacher Liebeswonne
Sich an mein Herz drängt
Deiner ewigen Wärme
Heilig Gefühl,
Unendliche Schöne!

Daß ich dich fassen möcht
In diesen Arm!

Ach, an deinem Busen
Lieg ich, schmachte,
Und deine Blumen, dein Gras
Drängen sich an mein Herz.
Du kühlst den brennenden
Durst meines Busens,
Lieblicher Morgenwind,
Ruft drein die Nachtigall
Liebend nach mir aus dem Nebeltal.

Ich komme! Ich kome!
Wohin? Ach, wohin?

Hinauf, hinauf strebt's.
Es schweben die Wolken
Abwärts, die Wolken
Neigen sich der sehnenden Liebe,
Mir, mir!
In Eurem Schoße
Aufwärts,
Umfangend umfangen!
Aufwärts
An deinem Busen,
Alliebender Vater!

Aus: Johann Wolfgang von Goethe: Gesammelte Werke in sieben Bänden. Band 1: Gedichte. Hrsg. von Bernt von Heiseler. Gütersloh (Bertelsmann Lesering) 1962.