„Fin de Siècle“ lautete der Titel einer 1888 in Paris uraufgeführten Komödie von Francis de Jouvenot und H. Micard. In Deutschland wurde der Begriff 1891 als Titel eines Novellenbandes von
Hermann Bahr eingeführt. Von Frankreich ausgehend wurde „Fin de Siècle“ schließlich zu einer (zumeist negativ konnotierten) Epochenbezeichnung für die Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts; häufig wird sie auch unter den Begriff „Décadence“ gefasst. Kennzeichnend für diese Zeit war eine krisenhafte Mentalität sowie das Bewusstsein des Überholten und des gesellschaftlichen und kulturellen Verfalls, woraus eine Weltuntergangs- bzw. Endzeitstimmung entstand. Weltschmerz und Lebensüberdruss, aber auch Faszination von Tod und Vergänglichkeit, Leichtlebigkeit und Frivolität etablierten sich als Gemütshaltung einer ganzen Generation der Jahrhundertwende. Abgestoßen von der staatlichen Macht und der imperialen Kraftentfaltung entstand das Bedürfnis, sich einer nationalen Identität zu entziehen. Angesichts von bildender Kunst und Literatur in München und Berlin sowie Opern und Konzerten in Wien verbrachten diese Künstler ihre Zeit zwischen Schreibtisch und Kaffeehaustisch, Theater und Bett. Der endzeitliche Kult des Krankhaft-Nervösen wirkte auf verschiedene Strömungen der europäischen Literatur (
Hugo von Hofmannsthal, Henrik Ibsen, Oscar Wilde, Anton P. Tschechow), Musik (Gustav Mahler, Richard Strauss, Jean Sibelius, Richard Wagner) und Kunst (Aubrey Beardsley, Gustav Klimt, Edvard Munch).