Seit dem 14. Jahrhundert begann man sich in zunehmendem Maß wieder mit der Kunst der Antike zu beschäftigen, die man im
Mittelalter weitgehend vernachlässigt hatte. Sie erlebte nun an den italienischen Fürstenhöfen und in den großen Städten wie Rom oder Florenz eine „Renaissance", eine Wiedergeburt. Damit standen auch die antiken Schriftsteller, Philosophen und Dichter wieder im Mittelpunkt des Interesses. Lateinische und griechische Werke wurden in Übersetzungen breiteren Kreisen bekannt und mit ihnen auch die freieren Lebensauffassungen der Antike. Mit dieser Wiederentdeckung ging eine Hinwendung zum Menschen einher, der sich als autonomes Individuum frei entfalten können soll und sich nun von den Autoritäten der Gesellschaft, der Tradition, aber auch von denen des Glaubens allmählich zu lösen begann.
Nördlich der Alpen trafen sich die ersten, Humanisten genannten Vertreter dieser neuen Geistes- und Literaturströmung in Prag am Hof des deutschen Königs Karl IV., der dort die erste deutsche Universität gründete. Die eigentliche Blüte des Humanismus in Deutschland begann etwa in der Mitte des 15. Jahrhunderts.
Eine herausragende Bedeutung und Langzeitwirkung hatte die Bibelübersetzung
Martin Luthers (1483–1546). Sie fand durch das neuartige Buchdruckverfahren des
Johannes Gutenberg (1397–1468) rasch eine weite Verbreitung und trug damit wesentlich zur Durchsetzung einer einheitlichen deutschen Literatursprache gegenüber dem bis dahin immer noch tonangebenden Latein bei.
Neben diesem Werk verblasst fast die gesamte literarische Produktion, die vielen
Streit- und Flugschriften, Pamphlete ,
Satiren und Lehrdichtungen, welche die Kämpfe und Umwälzungen dieser bewegten Zeit begleiteten. Auch die Unterhaltungsliteratur,
Schwanksammlungen und
Volksbücher, gewann kaum Interesse und Anerkennung bei späteren Generationen. Nur die Schwanksammlung vom Eulenspiegel und das Volksbuch vom Doktor Faust fanden Eingang in den Kanon der auch später noch für lesenswert gehaltenen Werke.