Alexandriner

ein Reimvers, der aus einem sechsfüßigen Jambus und einer Zäsur (Einschnitt) nach der dritten betonten Silbe besteht. Der Vers beginnt mit einer unbetonten Silbe als Auftakt, das Versende kann aus einer betonten Silbe (männliche Kadenz) oder eine unbetonten Silbe (weibliche Kadenz) bestehen.

Der Alexandriner ist eine Variante des klassischen antiken Tragödienverses. Im 16. Jahrhundert avancierte er zum bevorzugten Vers in französischen Tragödien. Der Literaturtheoretiker und Dichter Martin Opitz übertrug den Alexandriner im 17. Jahrhundert in die deutsche Dichtung - er wurde zum wichtigsten Versmaß des Barocks.

Beispiel 1 (mit metrischer Notation)

Andreas Gryphius
Menschliches Elende (1663)
Auszug


Aus: Andreas Gryphius: Freuden und Trauerspiele, auch Oden und Sonette. Breslau (Trescher) 1963.

Beispiel 2

Andreas Gryphius
Es ist alles eitel (1643)

Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden.
Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein;
Wo jetzund Städte stehn, wird eine Wiese sein,
Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden;

Was jetzund prächtig blüht, soll bald zertreten werden;
Was jetzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch und Bein;
Nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Mamorstein.
Jetzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden.

Der hohe Taten Ruhm muss wie ein Traum vergehn.
Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch, bestehn?
Ach, was ist alles dies, was wir für köstlich achten,

Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind,
Als eine Wiesenblum, die man nicht wiederfind't!
Noch will, was ewig ist, kein einig Mensch betrachten.

Aus: Andres Gryphius: Werke in einem Band. Ausgewählt und eingeleitet von M. Szyrocki. Berlin, Weimar (Aufbau Verlag) 1987.