Epigramm

(von altgr. epigramma „Aufschrift“)
Die griechische Erfindung war ursprünglich nur eine Inschrift, die auf Statuen, Altären und Weihegeschenken den betreffenden Gott, den Stifter oder den Künstler angab. Als Begründer gilt Simonides von Keos mit Grabinschriften für die in den Perserkriegen Gefallenen: „Wanderer, kommst du nach Sparta, verkündige dorten, du habest uns hier liegen gesehn, wie das Gesetz es befahl.“ In Rom wird das Epigramm durch Catull und vor allem Martial heimisch.
Das Epigramm ist charakterisiert durch eine antithetische Zweiteilung: Auf einen objektiv-beschreibenden Teil folgt die subjektiv-wertende Pointe. Lessing, dessen ironische Meisterschaft dem Epigramm eine neue Blütezeit bescherte, bezeichnet in seinen „Zerstreuten Anmerkungen über das Epigramm“ (1771) die beiden Teile mit „Erwartung“ und „Aufschluss“.
War das Epigramm im Barock durch seine formale Gegensätzlichkeit besonders beliebt, so wurde es in der Aufklärung des 18. Jh.s vor allem als Mittel der Gesellschafts- und Kirchenkritik eingesetzt. Die „Xenien“ (1796) Schillers und Goethes sowie dessen „Venetianische Epigramme“ (1790) sind weniger satirischen als vielmehr philosophisch-weltanschaulichen Gehalts. Das 20. Jh. bevorzugt minder formalistische Kurzgattungen: den Aphorismus, das Aperçu oder die Sentenz.

Aufbau eines Epigramms

Beispiel

Philippus Melanchthon

Germanici rhythmi matris Philippi (Deutsche Verse der Mutter Philipps)
Wer mehr will verzeren /
Denn sein Pflug kann ereeren /
Der wird zu letzt verderben /
Und vielleicht am Galgen sterben.

Aus: Melanchthons Werke in Auswahl. Hrsg. von R. Stupperich. Gütersloh (Verlagshaus Mohn) 1978.