Volksbuch

Den Begriff Volksbuch prägte der Romantiker Joseph Görres als Sammelbegriff und zählte zu ihm volkstümliche Literatur sowie religiöse Erbauungsliteratur und Prophezeiungen. Heute versteht man unter Volksbüchern fiktionale Texte vom 15. bis in das 17. Jh., die sich zuerst noch an ein höfisches, dann aber immer mehr an ein breites bürgerliches und auch ländliches Publikum als Adressat richteten. Sie entsprachen im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit, der Bedeutung nach, unserer heutigen Belletristik oder Trivialliteratur. Die technische Voraussetzung zu einer bescheidenen Massenproduktion und der raschen Verbreitung bildete der im 15. Jh. erfundene Buchdruck.
Stoffe lieferten ältere Erzählwerke, die bearbeitet, umgestaltet oder auch zusammengefasst wurden. In Aufbau und Sprache stehen sie zum Teil in Kontrast zur Hochliteratur. Bekannte Beispiele für Volksbücher sind „Fortunatus“ (1508), „Till Eulenspiegel“ (1510), „Die schöne Magelone“ (1535), „Historia von Dr. Johann Fausten“ (1587), „Das Lalebuch“ (1597), „Die vier Heymonskinder“ (1604), „Der gehörnte Siegfried“ (1726).
Im 18. und 19. Jh. wurden Volksbücher zunehmend als literarische Vorlagen benutzt. Ludwig Tiecks „Haimonskinder“, „Genoveva“ und Goethes „Faust“, der Höhepunkt deutscher Literatur, basieren auf Volksbüchern. Neuausgaben und zahlreiche Bearbeitungen hielten Volksbücher wie „Die Schildbürger“ und „Till Eulenspiegel“ bis heute populär.

Beispiel

Das Volksbuch von Doktor Fausten (um 1580)
Auszug

D. Faustus last jhm das Blut herauß in einen Tiegel / setzt es auff warme kolen / vnd schreibt / wie hernach folgen wirdt.
Jch Johannes Faustus D. bekenne mit meiner eygen Handt offentlich / zu einer Bestettigung / vnnd in Krafft diß Brieffs / Nach dem ich mir furgenommen die Elementa zu speculieren / vnd aber auß den Gaaben / so mir von oben herab bescheret / vnd gnedig mitgetheilt worden / solche Geschickligkeit in meinem Kopff nicht befinde / vnnd solches von den Menschen nicht erlehrnen mag / So hab ich gegenwertigen gesandtem Geis / der sich Mephostophiles nennet / ein Diener deß Hellischen Printzen in Orient / mich vtergebn / auch denselbigen / mich solches zuberichten vnd zu lehren / mir erwehlet / der sich auch gegen mir versprochen / in allem vnderthenig vnnd gehorsam zuseyn. Dagegen aber ich mich hinwider gegen jhme verspriche vnd verlobe / daß so 24. Jahr / von Dato diß Brieffs an / herumb vnd furvber gelauffen / er mit mir nach seiner Art vnd weiß / seines Gefallens / zuschalten / walten / regieren / fuhren / gut macht haben solle / mit allem / es sey Leib / Seel / Fleisch / Blut vnd gut / vnd das in sein Ewigkeit. Hierauff absage ich allen denen / so da leben / allem Himmlischen Heer / vnd allen Menschen / und das muß seyn. Zu festem Vrkundt vnnd mehrerer Bekrafftigung / hab ich diesen Receß eigner Hand geschrieben / vnderschrieben / vnd mit meinem hiefur getrucktem eygen Blut / meines Sinns / Kopffs / Gedancken vnnd Willen / verknupfft / versiegelt vnd bezeugt / etc.

Subscriptio /
Johann Faustus / der Erfahrne der Elementen / vnd der Geistlichen Doctor.