Mit der so genannten „Machtergreifung" Hitlers 1933 änderte sich das Geistesleben in Deutschland grundlegend. Das nationalsozialistische Gleichschaltungssprogramm wurde sehr zügig auf die Medien und alle Künste angewandt. Meinungsfreiheit galt den neuen Machthabern als eine Gefahr, die sofort beseitigt werden musste. Das neu geschaffene Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda kontrollierte in kürzester Zeit das gesamte Pressewesen, den Rundfunk, den Film und über die Unterabteilung der Reichsschrifttumskammer auch die Literatur. Willfährige Germanisten gingen daran, die Literaturgeschichte umzuschreiben: Die
Klassiker wurden zu frühen Beispielen einer völkisch-national-antidemokratischen Traditionsbildung in Deutschland zurechtgelogen, der Jude
Heinrich Heine, dessen bekanntes Lied von der Lorelei kurzerhand zu einem Volkslied deklariert wurde, musste ebenso aus der Literaturgeschichte und aus den Regalen der Bibliotheken verschwinden wie der „verrückte"
Franz Kafka. Die Werke der aufklärerisch-rationalen Literaturströmungen der
Weimarer Republik wurden in einer als spontane Aktion des Volkszorns getarnten Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 als unübersehbares Warnzeichen an ihre Autoren vernichtet. Diese flohen denn auch, wenn es nicht schon vorher geschehen war, ins
Exil, sodass ein literarisches Leben, das diesen Namen verdient, in Deutschland weitgehend zum Erliegen kam. Zurück blieben unter dem Hakenkreuz die regimetreuen völkischen „Blut-und-Boden"-Schreiber und eine Reihe von Autoren, die sich als Vertreter einer so genannten
„inneren Emigration" verstanden. Einige von ihnen blieben, weil sie anfangs dem Nationalsozialismus nicht rundum ablehnend gegenüberstanden (z.B.
Gottfried Benn), andere, weil sie ihr Land aus unterschiedlichen Skrupeln und Überlegungen nicht verlassen wollten (z.B.
Erich Kästner). Sie stellten ihre literarische Arbeit ein, wichen in politikferne Themen und Genres aus oder verschlüsselten ihre Botschaften des Nichteinverständnisses mit dem Regime so, dass die Zensur – aber häufig auch das Publikum – es nicht bemerkte.