Paradoxon

(von griech. para „gegen" und doxa „Meinung")
Scheinwiderspruch, der eine tiefere Wahrheit veranschaulichen will. Beispiel: Das Leben ist der Tod und der Tod ist das Leben.

Siehe auch:
Rhetorische Figuren
Gedankenfiguren

Auswahl an Gedankenfiguren

Beispiel

Paul Fleming
Gedanken über die Zeit (1642)

Ihr lebt in der Zeit und kennt doch keine Zeit;
So wißt ihr Menschen nicht, von und in was ihr seid.
Dies wißt ihr, daß ihr seid in einer Zeit geboren
Und daß ihr werdet auch in einer Zeit verloren.
Was aber war die Zeit, die euch in sich gebracht?
Und was wird diese sein, die euch zu nichts mehr macht?
Die Zeit ist was und nichts, der Mensch in gleichem Falle,
Doch was dasselbe was und nichts sei, zweifeln alle.
Die Zeit, die stirbt in sich und zeugt sich auch aus sich.
Dies kömmt aus mir und dir, von dem du bist und ich.
Der Mensch ist in der Zeit; sie ist in ihm ingleichen,
Doch aber muß der Mensch, wenn sie noch bleibet, weichen.
Die Zeit ist, was ihr seid, und ihr seid, was die Zeit,
Nur daß ihr wen'ger noch, als was die Zeit ist, seid.
Ach daß doch jene Zeit, die ohne Zeit ist , käme
Und uns aus dieser Zeit in ihre Zeiten nähme
Und aus uns selbsten uns, daß wir gleich könnten sein
Wie der itzt jener Zeit, die keine Zeit, geht ein!

Aus: Paul Fleming: Deutsche Gedichte. Hrsg. von V. Meid. Stuttgart (Reclam) 2000.