Ballade

(von ital. ballata „Tanzlied")
ein meist aus zahlreichen Strophen bestehendes Gedicht, in dem eine Geschichte erzählt wird (Erzählgedicht).
Im Mittelalter war die Ballade in England und Frankreich ein zum Tanzen gedachtes Lied mit Refrain, erst im Laufe der Zeit wurden die Handlungselemente ausgebaut. In Deutschland begann man sich seit dem späten 18. Jh. (Sturm und Drang) für Balladen zu interessieren, man sammelte sog. Volksballaden, und es entstanden so berühmte Erzählgedichte wie Gottfried August Bürgers „Lenore“.
Häufig steht ein dramatisches, manchmal auch geheimnisvolles Geschehen im Mittelpunkt, bei dem sich die Helden bewähren müssen. Die berühmtesten deutschen Balladen stammen von Goethe, z.B. „Der Zauberlehrling“ und Schiller „Der Taucher“, „Die Bürgschaft“. Aus dem 19. Jh. sind vor allem die Balladen Fontanes bekannt. Neben fiktiven Stoffen spielten vorwiegend historische und mythologische Stoffe (vorrangig aus germanischen Heldensagen) eine wichtige Rolle, z. B. Fontane „Die Brück' am Tay“, „John Maynard“, „Gorm Grymme“; Ludwig Uhland „Schwäbische Kunde“; Conrad Ferdinand Meyer „Die Füße im Feuer“.

Ballade als „Ur-Ei“ der Dichtung (Goethe)

Beispiel

Friedrich von Schiller
Die Bürgschaft (1799)
Auszug

Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich
Damon, den Dolch im Gewande;
Ihn schlugen die Häscher in Bande.
„Was wolltest du mit dem Dolche, sprich!“
Entgegnet ihm finster der Wüterich.
„Die Stadt vom Tyrannen befreien!“
„Das sollst du am Kreuze bereuen.“

„Ich bin“, spricht jener, „zu sterben bereit
Und bitte nicht um mein Leben;
Doch willst du Gnade mir geben,
Ich flehe dich um drei Tage Zeit,
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit;
Ich lasse den Freund dir als Bürgen –
Ihn magst du, entrinn ich, erwürgen.“

Da lächelt der König mit arger List
Und spricht nach kurzem Bedenken:
„Drei Tage will ich dir schenken.
Doch wisse: wenn sie verstrichen, die Frist,
Eh du zurück mir gegeben bist,
So muß er statt deiner erblassen,
Doch dir ist die Strafe erlassen.“

Und er kommt zum Freunde: „Der König gebeut,
Daß ich am Kreuz mit dem Leben
Bezahle das frevelnde Streben;
Doch will er mir gönnen drei Tage Zeit,
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit.
So bleib du dem König zum Pfande,
Bis ich komme, zu lösen die Bande.“

Und schweigend umarmt ihn der treue Freund
Und liefert sich aus dem Tyrannen,
Der andere ziehet von dannen.
Und ehe das dritte Morgenrot scheint,
Hat er schnell mit dem Gatten die Schwester vereint,
Eilt heim mit sorgender Seele,
Damit er die Frist nicht verfehle.


Aus: Friedrich Schiller: Sämtliche Werke. Hrsg. von G. Fricke und H. G. Göpfert. München (Hanser) 1962.