Drama

(griech. drama = Handlung)
eine der drei literarischen Grundformen (Großgattungen), neben Epik und Lyrik.
Das Drama stellt eine meist in sich abgeschlossene Handlung szenisch dar. In der Form des Dialogs, d.h. in Rede und Gegenrede der Figuren, oder auch des Monologs, des Selbstgesprächs einer Figur, wird dem Zuschauer das Geschehen vermittelt. Außer im Lesedrama, das nur für die schriftliche Verbreitung gedacht ist und deshalb weder seine Wirksamkeit noch seine Durchführbarkeit auf der Bühne berücksichtigt, ist es auf eine Aufführung im Theater angelegt. Die drei großen dramatischen Gattungen sind die Tragödie, die Komödie und das Schauspiel. Letzteres ist einerseits eine allgemeine Bezeichnung für ein Bühnenstück, andererseits beschreibt der Begriff ein Drama mit einer konfliktgeladenen Handlung, der durchaus ein tragischer Ausgang droht. Die Einsicht oder innere Wandlung des Helden führt aber eine Lösung des Problems herbei. Die Tragikomödie verbindet tragische Zusammenhänge und komische Motive zu einer intensiven Kontrastwirkung.
Die Dramenhandlung wird meist in größere Abschnitte, die Akt oder Aufzug genannt werden, und kleinere, wie Szene, Auftritt oder Bild, gegliedert. Der klassische Aufbau des Dramas geht zurück auf die antike Poetik von Aristoteles. Die entscheidenden Phasen sind demnach die Exposition (Einführung), die Peripetie (unerwartete Wendung im Schicksal des Helden) und das eindeutige und endgültige Ende der konflikthaften Handlung. Im 5-aktigen Drama bildet der erste Akt die Einleitung (Exposition) mit Vorstellung der Hauptfiguren und der Ausgangssituation. Der Konflikt spitzt sich im zweiten Akt zu (erregendes Moment, steigende Handlung) und erreicht im dritten Akt seinen Höhepunkt. Im vierten Akt tritt eine Wendung im Geschehen ein oder der Ausgang wird verzögert (retardierendes Moment). Den Schluss im fünften Akt bildet die Katastrophe, in der Tragödie die Wendung zum Schlimmen, traditionell der Tod des Protagonisten, in der Komödie die Wendung zum Guten. Dreiaktige Schauspiele sind ähnlich gebaut. Daneben gibt es auch Ein-, Zwei- oder Vierakter.
Das moderne Drama folgt kaum noch dem klassischen Bauprinzip, sondern gliedert sich in oft zehn oder mehr einzelne Bilder. Eingeleitet wird es meist durch einen Prolog (Vorspiel), den Abschluss bildet ein Epilog (Nachspiel). Zwischenspiele dienen häufig als Kontrast oder Kommentar zur Handlung.
Der dramatischen Handlung liegt grundsätzlich ein Gegensatz zwischen unterschiedlichen Haltungen zu Grunde, der die Spannung erzeugt und die dramatische Entwicklung auslöst. Dieser Konflikt kann entweder ein innerseelischer Widerstreit, z.B. zwischen Neigung und Pflicht, oder der Kampf eines Helden gegen äußere Gegenspieler, sein Ringen mit dem Schicksal oder gegen Intrigen sein. Im Zieldrama verläuft das Bühnengeschehen geradlinig auf die Katastrophe am Ende zu. Das analytische Drama zeigt nur letzte Auswirkungen und die Zuspitzung einer Handlung, die sich bereits vor Einsetzen der Bühnenhandlung ereignet hat und erst im Laufe des Spiels dem Helden wie dem Zuschauer vollständig enthüllt wird. Der Ausgang ist schon festgelegt, das dramatische Gewicht liegt nun auf dem Hergang und den Konsequenzen des Geschehens.
Das Drama entwickelte sich aus Tänzen und kultischen Gesängen, die zur Darstellung mythischen Geschehens um den Dialog und Monolog erweitert wurden. Für das Abendland war die antike griechische Tragödie von Aischylos, Sophokles und Euripides, die von typisierten schicksalstragenden Figuren und erhabenem Pathos gekennzeichnet ist, der entscheidende Ausgangspunkt. Im Mittelalter orientierte sich das Drama vorwiegend an geistlichen Themen oder zeigte sich als Fastnachtsspiel. Im 16. und 17. Jh. entwickelten sich in den Nachbarländern Deutschlands eigenständige dramatische Formen, z.B. in Italien die Commedia dell'Arte, in Frankreich die formenstrenge klassizistische Tragödie (Corneille und Racine) und in England das elisabethanische Theater (Shakespeare und Marlowe), das Menschen erstmals als individuelle Charaktere zeichnet.
Entscheidenden Einfluss auf das Drama in Deutschland hatten Lessings Konzept vom bürgerlichen Theater und die darauf aufbauende Dramatik des Sturm und Drang, die nach Leidenschaftlichkeit und Natürlichkeit in der Literatur strebte und sich von allen einengenden Regeln befreite. Einen Höhepunkt erreichte das Drama in der deutschen Klassik mit dem Ideendrama, das – z.B. in Goethes „Iphigenie auf Tauris“ – Handlung und Charaktere in eine einheitliche, idealistische Weltanschauung (Idee) einbindet. In der Folgezeit gab es keine einschneidenden Neuerungen auf dem Gebiet der Dramatik. Die Dramen der ersten Hälfte des 20. Jh.s nahmen einerseits traditionelle Strukturen wieder auf, z.B. bei Hofmannsthal, oder entwickelten allmählich neue Elemente, wie Brecht das epische Theater. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs erfuhr das deutsche Drama vielfältige Ausprägungen. Neben dem Volksstück und dem epischen Theater (Brecht) stehen das dokumentarische Theater, das historische Begebenheiten mit Hilfe von authentischen Dokumenten darbietet, und als extreme Spielart das absurde Theater.
Nach den späten 1960er-Jahren, in denen die Literatur zunehmend politisiert wurde, zeigte sich zuweilen eine Wechselwirkung von aktueller Politik und Literatur. Ein herausragendes Beispiel ist „Heldenplatz“ (1988) des Österreichers Bernhard, dessen Aufführungen in Wien einen Skandal auslöste.

Siehe auch
Absurdes Theater
Bürgerliches Trauerspiel
Episches Theater
Klassisches Drama
Komödie
Tragödie
Volksstück

Begriffe zur Dramenanalyse

Akt:
Aufzug; Hauptabschnitt eines Dramas, geschlossene Handlungseinheit, die meist aus mehreren Szenen besteht

Dialog:
Zwiegespräch zweier oder mehrerer Personen

Exposition:
Einführung in Zeit, Ort und Atmosphäre; Vorstellung der Protagonisten (Hauptfiguren) und Anbahnung des dramatischen Konflikts; umfasst im klassischen Drama meist den ersten Akt

Gestik:
Haltung und Bewegung des Körpers

Hörspiel:
Sonderform des Dramas, das durch die Erfindung des Rundfunks ermöglicht wurde. Das Hörspiel ist einerseits beschränkter als das Bühnenspiel, da es allein auf akustische Mittel angewiesen ist, kann aber andererseits verschiedene technische Möglichkeiten nutzen wie Ein-, Aus-, Überblenden, Montage, Klangeffekte usw.

Inszenierung:
das Einrichten und die öffentliche Zurschaustellung eines Bühnentextes sowie die entstandene Spielfassung selbst

Katastrophe (griech.):
„Auflösung“, Wendung zum Schlimmen oder auch zum Guten

Komödie:
Drama, bei dem die Protagonisten durch menschliche Schwächen in einen Konflikt geraten, der aber eine glückliche Auflösung findet

Kulisse (auch: Prospekt):
flache Wand als Rück- oder Seitenwand des Bühnenbildes. Durch Bemalung kann die Illusion einer Landschaft, eines Zimmers usw. erzeugt werden.

Mimik:
Gesichtsausdruck

Monolog:
Selbstgespräch einer einzelnen Person

Pantomime:
Darstellung einer Handlung unter Verzicht auf gesprochene Worte allein mit Gestik, Mimik, Tanz

Peripetie:
Wendepunkt; unerwarteter Umschlag der Handlung

Protagonist:
Hauptdarsteller

Regie:
die eigenverantwortliche Auswahl, Deutung und Einrichtung eines Dramentextes für die Bühne an einem bestimmten Aufführungsort für ein mehr oder weniger gut bekanntes Publikum. Die Hauptverantwortung dafür trägt der Regisseur/die Regisseurin.

Regieanweisung:
vom Autor/von der Autorin im Dramentext zusätzlich zu den Rollentexten bereits mitgelieferte Anregungen, wie die Handlung auf einer Bühne eingerichtet werden sollte und welche Haltungen die Schauspieler einnehmen sollten

Requisit (lat. requisitum):
„erforderliches Ding“, ein beweglicher Gegenstand zur Ausstattung von Szenen. Requisiten können die Figuren charakterisieren oder wichtige Bedeutungen für den Ablauf der Handlung haben.

retardierendes Moment:
Verzögerung der Auflösung der Handlung, um die Spannung zu erhöhen

Souffleuse/Souffleur (franz.):
„Einflüsterer“, der den Schauspielern während der Proben den Text zuflüstert und während der Aufführungen im Notfall den Text vorsagt

Standbild:
besondere Form der Pantomime, bei der Gefühle und Beziehungen zwischen Figuren allein durch Gestik und Mimik zum Ausdruck gebracht werden. Beim Standbild sind die Figuren wie auf einem Foto erstarrt.

Szene (griech.):
ursprünglich „Bühne“; heute: kleine Einheit eines Dramas, meist äußerlich begrenzt durch Auf- oder Abgang einer Person

Teichoskopie (griech.):
„Mauerschau“; auf der Bühne agierende Figuren berichten über ein Geschehen, das sich außerhalb der Bühne ereignet.

Tragödie:
Drama, bei dem der Protagonist in einen dramatischen Konflikt gerät und am Ende scheitert/untergeht

V-Effekt:
Verfremdung der dramatischen Handlung, z.B. durch Eingreifen eines kommentierenden Erzählers, Beiseitesprechen der Schauspieler/innen, Unterbrechen der Handlung durch Songs, Verzicht auf illusionsfördernde Bühnenrequisiten

Auswahl an dramatischen Textsorten

Grundformen
- Tragödie (Trauerspiel)
- Tragikomödie
- Komödie (Lustspiel)
Sonderformen
- Volksstück
- Schwank
- Lehrstück
- Dokumentarstück
- Episches Theater
- Absurdes Theater
- Hörspiel